Future Scenarios

Passage II
Disruptive Kontinua

16. Aug. - 16. Nov. 2025

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Passage. Architecture by Assaf Kimmel, 2025, Installationsansicht, Kestner Gesellschaft, Foto: Volker Crone

Wie lassen sich institutionelle Geschichten neu denken – jenseits linearer Narrative, fixierter Zeitverläufe und hegemonialer Erinnerungskulturen?

Mit Disruptive Kontinua widmet sich das Architekturprojekt Passage in seiner zweiten Programmrunde queer-feministischen Perspektiven auf die Geschichte der Kestner Gesellschaft – mit Brüchen, Lücken, Widerständen und alternativer Zeitlichkeit.

Im Zentrum steht die Auseinandersetzung damit, wie sich etablierte Ordnungssysteme der Institutionsgeschichte – etwa die dreiteilige, 2009 erschienene Kestnerchronik – fragmentieren, umkodieren oder unterlaufen lassen. Passage II. Disruptive Kontinua eröffnet Raum für künstlerische, performative und vermittelnde Formate, die das institutionelle Gedächtnis befragen, erweitern und neu kontextualisieren – nicht durch bloße Repräsentation, sondern durch situierte Perspektiven, affektive Prozesse, körperliche Präsenz oder digitale Transformation. Die Passage wird so zum Ort der Öffnung, der Störung und der Re-Lektüre – und damit zum Gegenentwurf einer kanonisierten Erinnerungskultur.

Ein besonderer Fokus von Passage II. Disruptive Kontinua liegt auf der Re-Lektüre ausgewählter Ausstellungen der Kestner Gesellschaft, die heute neue Perspektiven auf die Institutionsgeschichte eröffnen. Dabei wird kritisch reflektiert, welche Themen in der Ausstellungsgeschichte sichtbar wurden und welche übersehen oder verdrängt blieben. Im Zentrum stehen Ausstellungen wie von Guerrilla Girls (2018), Ulrike Ottinger (2013), David LaChapelle (2011), Elke Krystufek (2009–2010), Wolfgang Tillmans (2007) und Andy Warhol (1981). Besonders die Ausstellungen Elke Krystufek. Less Male Art und Guerrilla Girls. The Art of Behaving Badly thematisierten feministische und institutionenkritische Fragen und stellten die Machtverhältnisse im Kunstbetrieb sichtbar zur Disposition.

Zwar fanden in der Kestner Gesellschaft Ausstellungen mit Künstler:innen wie u. a. Casey Spooner, Christopher Williams, David LaChapelle, Diedrick Brackens, Eric Fischl, Gilbert & George, Helmut Lang, Institute of Queer Ecology, Jack O’Brien, James Richards, Marc Camille Chaimowicz, Prinz Gholam, Samson Young, Trevor Yeung, Wolfgang Tillmans und Andy Warhol statt, doch wurden queer-feministische Zeitpolitiken, affektive Wissensformen oder institutionelle Ausschlussmechanismen dabei selten thematisiert.

Passage
Die Kestner Gesellschaft verfügt bislang über kein formal aufgebautes Archiv. Stattdessen existiert ein heterogener, über Jahrzehnte gewachsener Bestand aus Einladungskarten, Protokollen, Plakaten, Briefen, Jahresgaben, Editionen und internen Notizen. Dieser Bestand weist Lücken auf – zahlreiche Materialien befinden sich etwa in Künstler:innennachlässen, institutionellen Sammlungen, Bibliotheken, Stadtarchiven oder im Privatbesitz.

Gemeinsam mit Künstler:innen, Vermittler:innen, Mitgliedern, Forscher:innen und Gästen stellt sich die Kestner Gesellschaft der Aufgabe, auf Grundlage dieses fragmentarischen Materials ein zukunftsfähiges Archivsystem zu entwickeln – eines, das neue Perspektiven auf die Geschichte der Institution eröffnet und Zugänglichkeit schafft.

Die Passage bildet einen räumlichen und konzeptuellen Ausgangspunkt für diesen Prozess. Sie wurde vom Architekten Assaf Kimmel in enger Zusammenarbeit mit den Teams der Kunstvermittlung und des kuratorischen Bereichs entwickelt. Als durchlässige Struktur verbindet sie das Foyer, Halle 5 und das Haupttreppenhaus und dient zugleich als Resonanzraum für künstlerische Forschung, Vermittlung und kollektive Erinnerungspraxis. Der Raum ist durch ein barrierearmes Auditorium aus Werkbank-Materialien sowie eine zentrale Präsentationswand in zwei Zonen gegliedert: einen Bereich für Vermittlungsformate wie kestnerkids und einen zweiten für künstlerische Interventionen, Archiv- und Materialrecherchen, Gespräche und gemeinschaftliche Arbeitsprozesse.

Anstatt eine chronologisch geordnete Institutionsgeschichte zu bestätigen, setzt die Präsentation bewusst auf Unvollständigkeit, Umwege und Reibung. Das gezeigte Material ist nicht als abgeschlossene Sammlung gedacht, sondern als Ausgangspunkt – es soll aktiviert, befragt und weitergeschrieben werden: durch künstlerische, performative und kollaborative Formen der Auseinandersetzung.

Im Frühjahr 2025 markierte die Passage den Auftakt für eine vielseitige Raumnutzung – sowohl im Rahmen des Begleit- und Vermittlungsprogramms als auch durch externe Veranstaltungen.

Informationen zum Veranstaltungsprogramm folgen in Kürze.

Kuratiert von: Team Kestner Gesellschaft, Alexander Wilmschen mit Emilia Radmacher & Gabriele Sand

Architektur: Studio Assaf Kimmel


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Goseriede 11, 30159 Hannover

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