Ausstellung
Christa Dichgans | Kein Stillleben
26. Jan. - 8. Apr. 2018
Plastikspielzeughaufen im Kinderzimmer, ein aufgeblasenes Schwimmtier, Batman, Papierfl ieger oder Wurstberge sind die Motive in den Gemälden von Christa Dichgans (geb. 1940 in Berlin). Die Künstlerin zählt zu den wichtigsten weiblichen Akteuren der Pop Art und ist insbesondere für ihr Frühwerk aus den 1960er Jahren bekannt. Gleichzeitig ist Dichgans’ Werk auch in der Geschichte der Malerei wie der Neuen Sachlichkeit und des Surrealismus verwurzelt. Mit der Ausstellung »Kein Stillleben« in der Kestner Gesellschaft erfährt ihr Werk nun erstmals eine tiefgreifende Auseinandersetzung und umfassende institutionelle Würdigung.
Christa Dichgans setzt sich seit über fünf Jahrzehnten mit den wechselnden Beziehungen zwischen Mensch und Objektwelt auseinander. Ihre Malerei durchzieht unter anderem eine stetige Befragung des Massenkonsums, der sich im Laufe der Zeit wandelt und von einer stark materiell orientierten Konsumhaltung der Nachkriegszeit in einen von Markenbewusstsein und deren Symbolgehalt geprägten Konsum der 1980er und 1990er Jahre mündet. Ihre Motive erinnern an Vanitas-Stillleben und werden zu Symbolen für die Halbwertszeit einer beschleunigten Kultur. Objekte des Alltags drängen sich in Dichgans’ Bildern oftmals zusammen. Die Gegenstände werden aus ihrem alltäglichen Kontext isoliert und gleichsam neu mit Bedeutung aufgeladen. Mit obsessiver, geradezu pedantischer Akribie malt sie das Strandgut unseres Lebens und verteilt diese apokalyptische Flut gleichmäßig über das Bild wie ein ornamentales Muster. Das Gemälde »New York« (1979-80) beispielsweise, eine Collage aus Tausenden von Einzelelementen, die vom Geldschein bis zur Freiheitsstatue, vom Wolkenkratzer bis zu Warhols Campbell-Suppendosen reichen, erscheint wie das Psychogramm einer übervollen Stadt und vielleicht auch Welt, die aus den Fugen gerät.
Auch die Anhäufungen der Kinderspielsachen sind mit Emotionen und Erinnerungen besetzt und erlangen geradezu Fetischcharakter. Die Objekte ihrer Stillleben deuten darüber hinaus auf mögliche Abgründe oder die Absenz von potentiellen Eigentümern hin. So können sie auch als alternative Porträts betrachtet werden. Dabei geht es in Dichgans’ Kompositionen weniger um den Überfl uss als vielmehr um die surreale Verzerrung und überspitzte Sinnentleerung von Masse und Ansammlung.
In der jüngeren Zeit erfuhr ihr vielfältiges Werk durch die Beteiligung an verschiedenen nationalen und internationalen Gruppenausstellungen eine neue Aufmerksamkeit. Dichgans’ Gemälde sind in zahlreichen Museen und Sammlungen vertreten, unter anderem in der Berlinischen Galerie, im Städel Museum, Frankfurt am Main und der Sammlung Goetz, München.
Kuratoren der Ausstellung: Christina Végh und Milan Ther