Ausstellung
Diamanda Galás | Broken Gargoyles
18. Apr. - 8. Aug. 2021
Am 17. Juli um 21 Uhr präsentiert die Kestner Gesellschaft in der Nikolaikapelle, die neue Sound-Installation „Broken Gargoyles“ der US-amerikanischen Sängerin, Komponistin und Pianistin Diamanda Galás, die sie mit dem Künstler und Sounddesigner Daniel Neumann zusammen erarbeitet hat. Parallel dazu werden in einer Sonderpräsentation signierte Vinyl-Schallplatten und exklusive Poster gezeigt.
Basierend auf zwei Gedichten des deutschen Lyrikers Georg Heym – „Das Fieberspital“ und „Die Dämonen der Stadt“ – die er 1911 verfasste, setzt sich die Arbeit aus natürlichen, sowie stark bearbeiteten Stimmen, manipuliertem Piano und anderen unterschiedlichen Tonquellen zusammen. Zudem werden Teile ihres 2020 erschienenen Albums „De-Formation – Piano Variations. A Work For Solo Piano“, einem reinen Pianostück hinzugenommen, sowie Ausschnitte von Versen aus „Das Fieberspital“ gesprochen von dem Künstler Robert Knoke.
In „Das Fieberspital“ umschreibt Heym die verstörenden Zustände der an Gelbfieber erkrankten Menschen, die sich aufgrund unmenschlicher Behandlungsbedingungen und Isolation in Todesangst, Katatonie und Paralyse befinden. Diese in Sound umgewandelten Empfindungen verwebt Galás mit dem weiteren Gedicht Heyms – „Die Dämonen der Stadt“ – in dem Heym bereits 1911 die düsteren Vorboten des Ersten Weltkrieges beschreibt.
Sichtbar werden die Gräueltaten des Ersten Weltkrieges durch das Werk des deutschen Antimilitaristen und Pazifisten Ernst Friedrich „Krieg dem Kriege!" aus dem Jahr 1924, auf das Galás mit ihrem Titel Bezug nimmt.
„Broken Gargoyles“ – grob übersetzt „Zerstörte Grimassen“ – bezieht sich auf die zynische Betitelung der Soldaten und ihrer durch Kriegsverletzungen entstellten Gesichter, die nicht ans Licht der Öffentlichkeit kommen sollten. Die deutsche Bevölkerung soll die grausamen Schäden nicht bemerken. So mussten die entstellten Soldaten zudem Blechmasken tragen, was zu vielen gravierenden, teils tödlichen Infektionen führte.
Die Sound-Installation wird nun in der Ruine der ca. 1250 erbauten Nikolaikapelle präsentiert, die außerhalb der damaligen Stadtmauer gelegen als Quarantäneort der im Mittelalter an Pest und Lepra erkrankten diente.
Diamanda Galás (geb. in San Diego, USA) ist eine Ausnahmeerscheinung der internationalen Musik und Performance Szene. Die „Callas der Avantgarde“ wurde mit ihrem Werkzyklus Plague Mass, die den Opfern der AIDS Epidemie gewidmet ist, berühmt. Diese wurde 1990 in der Cathedral of St. John the Divine in New York City, uraufgeführt. Weite politisch aufgeladenen Werke sind u. a. „Vena Cava“, „Schrei 27“, „De-Formation“ sowie „Defixiones, Will and Testament“. Ihre Arbeit bewegt sich an der Schnittstelle von Performance, Schrei-Oper, Blues, Jazz und Rembetiko. Ihr Medium ist ihre viereinhalb Oktaven umfassende Stimme, der Einsatz von Electronic und virtuosem Klavierspiel. Mit Regisseuren wie Oliver Stone, Clive Barker oder Francis Ford Coppola, hat sie an Soundtracks gearbeitet. Sie war Artist in Residence in der legendären The Kitchen, New York sowie beim DAAD in Berlin. 2005 wurde ihr der italienische Demetrio Stratos Award verliehen für musikalische Innovation. Ihre zahlreichen Kompositionen wurden auf Mute Records und Intravenal Sound Operations veröffentlicht.
„De-Formation – Piano Variations. A Work For Solo Piano“, die letzte Arbeit von 2021, sowie die Wiederveröffentlichung „The Litanies of Satan“ von 1982, sind als signierte Vinyls mit exklusiven Postern in der Kestner Gesellschaft zu erwerben.
Kurator: Robert Knoke
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