Ausstellung
Ich selbst, auch ich tanze.
Sommer-Traum-Prélude zu Hannah Arendt
10. Aug. - 13. Okt. 2024
Schwebende Füsse in pathetischem Glanze.
Ich selbst,
Auch ich tanze,
Befreit von der Schwere
Ins Dunkle, ins Leere.
Gedrängte Räume vergangener Zeiten,
Durchschrittene Weiten,
Verlorene Einsamkeiten
Beginnen zu tanzen, zu tanzen.
Ich selbst,
Auch ich tanze.
Ironisch vermessen,
Ich hab nichts vergessen,
Ich kenne die Leere,
Ich kenne die Schwere,
Ich tanze, ich tanze
In ironischem Glanze
Hannah Arendt, Traum, Winter 1923/24
dieses bloße Dasein, d.h. all das, was uns auf geheimnisvolle Weise von Geburt an gegeben ist und was die Gestalt unseres Körpers und die Talente unseres Geistes einschließt, kann nur durch die unvorhersehbaren Gefahren der Freundschaft und der Sympathie angemessen bewältigt werden, oder durch ‘die große unberechenbare Gnade der Liebe, die mit Augustinus sagt: Volo ut sis (Ich will, dass du bist), ohne einen besonderen Grund für diese höchste und unübertreffliche Behauptung angeben zu können’.
Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, 1951
Während sich die Welle in einen neuen Horizont verwandelt, entfaltet sich die Prelude als Einladung und Einführung, als Vorspiel und Traum: Ist ein Gedicht real? Ist ein Kunstwerk real? Oder spielt sich alles im Kopf ab, also genau an dem Ort, dem wir misstrauen müssen, um unseren Frieden zu bewahren? (Claire Fontaine).
Mit der Ausstellung Ich selbst, auch ich tanze. Sommer-Traum-Prélude zu Hannah Arendt setzt die Kestner Gesellschaft ihre Auseinandersetzung mit der überragenden Bedeutung und Relevanz des bahnbrechenden Werkes der prominenten politischen Theoretikerin und Philosophin Hannah Arendt, die 1906 in Hannover geboren wurde, fort. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf Arendts 1923/24 entstandenes Gedicht Traum.
Als Einführung zu unserer Herbstausstellung Zwischen Vergangenheit und Zukunft. Acht Übungen im politischen Denken, beschäftigt sich die Ausstellung Ich selbst, auch ich tanze. Sommer-Traum- Prélude zu Hannah Arendt mit Arendts Konzept der amor mundi - der Liebe zur Welt.
In ihrer 1958 erschienenen Abhandlung Vita activa oder Vom tätigen Leben schreibt Arendt: Die Liebe ist ihrem Wesen nach weltfremd, und nicht wegen ihrer Seltenheit, sondern aus diesem Grund ist sie nicht nur unpolitisch, sondern antipolitisch, vielleicht die stärkste aller antipolitischen Kräfte.
Arendts amor mundi - die Liebe zur Welt - ist eine relationale Form der Liebe, die eher auf Verständnis und kritischem Denken als auf Gefühlen oder Affekten beruht; ein Versprechen auf Fortbestand, eine Möglichkeit, nicht vor der Welt zu resignieren, wenn diese zu unerträglich erscheint, um darin zu leben. Das Schwierigste ist, so Arendt weiter, die Welt zu lieben, wie sie ist. Die Welt zu lieben, bedeutet weder unkritische Akzeptanz noch verächtliche Ablehnung, sondern die unerschütterliche Auseinandersetzung mit dem, was ist, und das Verstehen dessen, was ist.
Monica Bonvicini, Angela Bulloch, Claire Fontaine, Gabrielle Goliath, Iman Issa, Laima Leyton, Ewa Partum, Ugo Rondinone, El Hadji Sy.
Ein wichtiger Teil der Ausstellung besteht aus einem performativen Diskurs mit Beiträgen von Irmela von der Lühe, Thomas Meyer, Georg Hartmann, Juliane Rebentisch und anderen sowie Lesungen aus den Briefen zwischen Hannah Arendt und Martin Heidegger, den Briefen zwischen Hannah Arendt und ihren Freunden und Filmvorführungen von Hannah Arendt von Margarethe von Trotta, Vita Activa: The Spirit of Hannah Arendt von Ada Ushpiz und ein Gespräch mit Hannah Arendt von Günter Gaus.
Kurator: Adam Budak
kuratonische Assistenz: Robert Knoke und Dr. Julia Meier
Wir bedanken uns bei der Galerie Eva Presenhuber und der Galerie Esther Schipper für die großzügige Unterstützung unserer Ausstellung.
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