Ausstellung
Paloma Varga Weisz. Multiface
7. Dez. 2024 - 2. März 2025
Die Ausstellung Multiface ist eine der umfassendsten Präsentationen von Paloma Varga Weisz' Werk. Sie vereint neueste Werkgruppen mit Schlüsselarbeiten aus über drei Jahrzehnten und bietet einen Einblick in ihre poetische und zugleich subversive künstlerische Praxis. Ihre Werke – Skulpturen, Aquarelle, Zeichnungen und Installationen – durchdringen existenzielle Fragen zu Identität, Erinnerung, Verletzlichkeit und Transformation. Figuren und Formen bewegen sich zwischen Vertrautem und Fremdem, Körperlichem und Narrativem.
Als Holzbildhauerin ausgebildet, bricht Paloma Varga Weisz bewusst mit der Tradition des Handwerks. Indem sie traditionelle Techniken beherrscht und zugleich unterwandert, schafft sie Werke, die klassische Vorstellungen von Materialität und Form hinterfragen. Ihre Skulpturen verbinden historische Bezüge mit surrealen Elementen, humorvollen Brüchen und subtiler Ironie, wodurch sie die Grenzen zwischen handwerklicher Präzision und zeitgenössischer Reflexion eindrucksvoll auslotet.
Ein zentraler Fokus liegt auf der Werkgruppe Wilde Leute (1998–2024), die von kleinen Keramikfiguren bis zu monumentalen Bronzeskulpturen reicht. Diese hybriden Wesen, die menschliche und tierische Züge vereinen, verkörpern eine Dekonstruktion von Geschlechterrollen und Familienbildern. Sie werfen Fragen nach Isolation, Gemeinschaft und Übergängen vom Menschen zur Natur auf. Die Skulptur Rug People (2011) nimmt in dieser Ausstellung eine besondere Rolle ein: Inspiriert von der Geschichte des ehemaligen Bahnhofs in Folkstone in England, von dem sich während des Ersten Weltkriegs Soldaten in die Schlacht verabschiedeten, reflektiert diese Arbeit Themen wie Migration, Verlust und die Fragilität menschlicher Geschichten. Für Varga Weisz wird dies auch zu einer stillen Hommage an ihren Vater, der während des Zweiten Weltkriegs als jüdischer Geflüchteter aus dem von den Nationalsozialisten besetzten Paris fliehen musste. Die Rug People stehen als Denkmal für die Resilienz und Verletzlichkeit menschlicher Erfahrungen.
Multiface (2019) – ein vielgesichtiger silberner Kopf, der in alle Richtungen blickt – wird zum Sinnbild der fließenden Grenzen des Selbst und der ständigen Veränderung des Lebens. Die Mehrköpfigkeit ihrer Werke lädt dazu ein, Identität nicht als abgeschlossene Einheit zu verstehen, sondern als offenes, sich wandelndes Gefüge, das Brüche und Übergänge als wesentliche Bestandteile des Seins begreift. Multiface offenbart die Vielschichtigkeit des Menschlichen – nicht als zu überwindende Ambivalenz, sondern als dessen essenzielle Stärke.
Paloma Varga Weisz (geb. 1966 in Mannheim) ist Bildhauerin, Zeichnerin und Malerin. Nach einer Ausbildung zur Holzbildhauerin von 1987 bis 1990 in Garmisch-Partenkirchen studierte sie von 1990 bis 1998 an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf bei Tony Cragg und Gerhard Merz. Varga Weisz lebt und arbeitet in Düsseldorf.
Kurator: Alexander Wilmschen