Ausstellung

that other world, the world of the teapot.
tenderness, a model

25. Juni - 25. Sept. 2022

that other world, the world of the teapot. tenderness, a model, Installationsansicht, Foto/Photo: Raimund Zakowski
that other world, the world of the teapot. tenderness, a model, Installationsansicht, Foto: Raimund Zakowski

Künstler*innen der Gruppenausstellung: Alexander Archipenko, Hans Arp, Lenora de Barros, Hans Bellmer, Renate Bertlmann, Ellen Cantor, Enrico David, Shannon Ebner, Cecilia Edefalk, Joana Escoval, Cerith Wyn Evans, Valie Export, Spencer Finch, Johan Grimonprez, Asta Gröting, Heide Hinrichs, Peter Hujar, Dorothy Iannone, Grethe Jürgens, Nikita Kadan, Arghavan Khosravi, Jakob Lena Knebl, Dominique Knowles, Jutta Koether, Käthe Kollwitz, Maria Lassnig, Fernand Léger, Jochen Lempert, Barbara Levittoux-Świderska, Yong Xiang Li, Sharon Lockhart, Louise Nevelson, Alice Neel, Kayode Ojo, Daniel Otero Torres, Christodoulos Panayiotou, Ewa Partum, Francis Picabia, Pamela Rosenkranz, Erna Rosenstein, Hans Savery II, Francesco Solimena, Friedrich Schröder Sonnenstern, Fabien Vallos, Edmund de Waal

Bei der Gruppenausstellung that other world, the world of the teapot. tenderness a model geht es um das Thema Zärtlichkeit, angelehnt an die 2018 gehaltene Nobelpreisvorlesung der Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk. Zärtlichkeit, sagte sie in ihrer Nobelpreisrede, sei „die bescheidenste Form der Liebe. Es ist die Art von Liebe, die nicht in den Schriften oder in den Evangelien vorkommt, niemand schwört auf sie, niemand zitiert sie. Sie hat keine besonderen Embleme oder Symbole, noch führt sie zu Verbrechen oder ruft Neid hervor. Sie taucht überall dort auf, wo wir einen genaueren und sorgfältigen Blick auf ein anderes Wesen werfen, auf etwas, das nicht unser ,Ich' ist.“ Gerade in diesen so schwierigen, teils aggressiven und kriegsbehafteten Zeiten dürfte das Thema Zärtlichkeit wichtiger und aktueller denn je werden.

Die Gruppenausstellung ist die größte und umfassendste Schau der Kestner Gesellschaft in ihrer jüngeren Geschichte, die Künstler*innen der Ausstellung bringen unterschiedliche Ansätze zum Thema Zärtlichkeit ein. In Gemälden, Grafiken, Skulpturen, Fotografien, Videoarbeiten, Performances und Gebrauchsobjekten umkreisen die Werke Themenbereiche wie Empfindsamkeit, Gewalt, Zerbrechlichkeit, Liebe und Heilung.

Internationale und nationale Leihgaben – auch aus Sammlungen in Hannover

Mit internationalen und nationalen Leihgaben aus befreundeten öffentlichen und privaten Sammlungen aus Hannover, wie u. a. dem Sprengel Museum Hannover, Niedersächsisches Landesmuseum, Museums August Kestner und der ahlers collection tritt die Ausstellung in einen Dialog mit der Stadtgemeinschaft – vom Barockgemälde des 16. Jahrhunderts über politische Grafiken von Käthe Kollwitz zur Moderne und Auflösung von Körperformen in Malerei und Skulptur bis zur Figuration bei Alexander Archipenko, Hans Arp, Fernand Léger und Francis Picabia hin zu den realistisch-expressiven Malereien von Alice Neel, der „Frau Laokoon“ (1976) von Maria Lassnig wie Renate Bertlmanns „Zärtlicher Tanz“ (1976) und der People Serie (1967) von Dorothy Iannone.

Generationsübergreifender Dialog zu den Unsicherheiten der Gegenwart

Von der Aids-Krise in den 1980er und Fotografien wie beispielsweise von Peter Hujar „Anthony Blond (I)“ (1981) entwickelt sich die Ausstellung mit Arbeiten der feministischen Poesiekünstlerin Ewa Partum und einer Videoarbeit der Medienkünstlerin Valie Export, den hier wenig vertrauten Textilwerken Barbara Levittoux-Świderska, multiperspektivisch in die Gegenwart bis zu den queeren Bildwelten der jüngsten Generation und Künstler*innen wie Yong Xiang Li, Dominique Knowles und Kayode Ojo. Mit dem hochaktuellen Werk „Gazelka“ (2015) des ukrainischen Künstlers Nikita Kadan und ortsspezifischen Installationen öffnet sich die Kestner Gesellschaft einem generations- übergreifenden Dialog zu den Unsicherheiten der Gegenwart.

44 Künstler*innen mit über 150 Werken vom 16. Jahrhundert bis heute

Die Ausstellung umfasst mehr als 150 Werke von über 40 historischen und zeitgenössischen internationalen Künstler*innen, vom 16. Jahrhundert bis in die Gegenwart, und zeigt zahlreiche Neuproduktionen der Künstler*innen Enrico David, Shannon Ebner, Joana Escoval, Heide Hinrichs, Jochen Lempert, Kayode Ojo und Fabien Vallos.

Teekannen und diese andere Welt

Olga Tokarczuk erinnert in ihrer Nobelpreis-Vorlesung an das Märchen von Hans Christian Andersen über eine Teekanne, die durch die Ungeschicklichkeit und den Leichtsinn der Menschen zerbrochen und sofort entsorgt und weggeworfen wird. Neben den Kunstwerken der Ausstellung werden hier auch neun Teekannen aus unterschiedlichen Jahrzehnten präsentiert. Ihre unterschiedlich gestalteten Formen zeigen idealistische Naturbilder mit Tieren, Szenen der Einsamkeit und des Teilens, Ideen einer besseren Welt durch Gestaltung, das Verschwinden der äußeren Gestalt und Schau des Innenlebens, die Verwandlung vom Porzellan in Naturformen und die Metamorphose der Teekanne in eine Raumkapsel, zum Aufbruch in andere Welten.

Betrachtung der menschlichen Psyche und ihrer Zerbrechlichkeit

Die Kunstwerke, die in der relationalen Architektur dieser Ausstellung versammelt sind, zeigen Zärtlichkeit als lyrische Kraft mit politischer Aufladung. Von der Annäherung an die Materialien über die Ausarbeitung der Form und den Einsatz von Farbe bis hin zur thematischen Betrachtung der menschlichen Psyche und ihrer Zerbrechlichkeit gibt es hier eine Untersuchung der Oberflächenempfindungen, eine Anatomie der Zärtlichkeit und der Aufmerksamkeit, eine empathische Reise in that other world, the world of the teapot, von der Olga Tokarczuk träumt.

Suche nach einem zärtlichen Erzähler für eine Welt in der Krise

Die Ausstellung ist – angelehnt an Olga Tokarczuk – eine Suche nach einem zärtlichen Erzähler. Als eine Art Manifest ist sie ein Porträt der Zärtlichkeit als erwünschter, möglicher Modus Operandi für die Welt in einer ontologischen Krise und im Zweifel, ihr Notfallalphabet der Verletzlichkeit, Ausdauer und Widerstandsfähigkeit. Der zärtliche Erzähler ist ein bewusster Homo empathicus, der sich in kritischer Intimität übt und Zärtlichkeit als „eine Sichtweise, die die Welt als lebendig, lebendig, miteinander verbunden, mit sich selbst kooperierend und von sich selbst abhängig zeigt“ betrachtet.

Diese Ausstellung bietet ein Angebot: „den anderen zu besuchen. Der Andere, der Zärtliche – dehnt sie aus, dehnt ihn aus. Der Beweis für die Zärtlichkeit liegt in der Zärtlichkeit“ (Jacques Derrida), ein Besuch, der von einem offenen Auftritt der brasilianischen Schriftstellerin Clarice Lispector, einer zärtlichen Erzählerin, begleitet wird, von der in der Ausstellung ein literarisches Werk präsentiert wird.

Kurator: Adam Budak
Assistenzkurator: Alexander Wilmschen

Erfahren Sie mehr über tenderness im Handout zur Ausstellung.


Ausstellungsansichten

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